Traditionelle Chinesische Medizin & klassische Akupunktur




©Sabine Löffler-Niesner

Vertiefung Energetik

Bei genauerer Betrachtung sollten die bisherigen Erklärungen für qì und xùe präzisiert werden:
xùe    =    Materie, individualspezifisch-struktive Energie
genauer:
xùe    =    materialisierende (nährende, befeuchtende, speichernde) Bewegung


qì    =    Dynamik, individualspezifische aktive Energie
genauer:
qì    =    dynamisierende (wärmende, schützende) Bewegung


Daher ist ein xùe-xu primär als gestörte materialisierende Funktion und nur sekundär als quantitativer Mangel zu verstehen.
Die Leistung der Funktionskreise ändert sich während des Lebens. So ist die Leistungsfähigkeit der Mitte bei Neugeborenen enorm.
Das Gewicht verdoppelt während der ersten fünf Lebensmonate und auch die Menge verarbeiteter geistiger und emotionaler Einwirkungen
(i. S. v. Lernfortschritten) wird in späteren Jahren nicht mehr erreicht.

Daraus leitet sich auch folgender Lehrsatz der chin. Medizin ab:
„Krankheiten der ersten sieben Lebensjahre sind Erkrankungen der Mitte“

Häufige Erkrankungen in diesem Alter sind Verstopfung, Durchfall und Verschleimung des Atemtraktes. Ebenso erfordert die Zahnung
eine starke Mitte für das Herausschieben der Zähne, sonst entsteht eine Hitze-Stagnation (stark gerötete Schwellung des Zahnfleisches
und Obstipation). Therapeutisch haben sich hier gekochte Heidelbeeren bewährt. Eine Antibiose (energetisch sehr kalt) schwächt
die Mitte und führt zu Diarrhö, bei langfristiger oder häufiger Einnahme sogar zu Entwicklungsstörungen. Auch die mütterliche Mitte
muss stark sein (speziell pí), um eine gute Muttermilch zu produzieren.

Ein xùe-xu und die damit verbundene Vertrocknung erfolgt zunächst oberflächlich, später und schwerwiegender auch innerlich.
Ein qì-xu kann zum Absinken des qì und damit zu Frösteln führen. Eine qì-Stagnation führt zur Verlangsamung aller Prozesse und
dadurch zu Feuchtigkeit oder sogar Schleim. Weì-qì-xu verursacht spontane Schweiße und eine erhöhte Anfälligkeit für Wind.
Das yuán-qì hat zwei Aspekte: den der aktiven und den der struktiven Beteiligung an allen Prozessen (jeweils i. S. eines Katalysators).
Das ying-qì lässt sich mit einem Ziegelstein vergleichen. Dieser ist noch nicht in das Haus eingebaut (also nicht spezifiziert).
Erst ein Bauplan (shén) und der Bau (Spezifizierung) macht ihn zum Teil des Hauses (xùe). Wenn der Ziegelstein nicht verbaut wird,
weil zu viele Steine gekauft wurden (Überernährung) oder der Maurer nicht so schnell arbeiten kann (z. B. pí-qì-xu), verrottet er
(Feuchtigkeit oder später Schleim). Die westliche Diuretika-Therapie leitet die überflüssige Feuchtigkeit aus. Besser wäre die
Umwandlung in xùe durch eine pí-qì-Stärkung (zusätzliche Bauarbeiter) oder reduzierte Zufuhr (angemessener Einkauf).
Das Kochen von Lebensmitteln steigert nicht deren energetischen Gehalt, aber ermöglicht dem Körper durch eine Art Vorverdauung
beim Kochen, einen höheren Anteil des energetischen Gehaltes zu absorbieren.. D. h. physikalische Wärme verändert das energetische
Temperaturverhalten von Lebensmitteln nicht.